Iron Courtain Trail: Siebentes Kapitel ( 2019 ) Hof – Bratislava

1.Tag Hof – As 38 km

So zumindest der Plan, wir starten am Sonntag, 15.9. um 8 Uhr mit dem Flixbus nach Hof. Der Fahrer gibt alles, und wir erreichen pünklich 12:30 Uhr unser Ziel. Beim Smal Talk im Bus entdeckten wir eine Differenz von 180 km zwischen unseren Reiseführern. Bei unserer knappen Planung natürlich nicht so unerheblich. Also wählen wir die schnellst Route zurück auf den Weg, wodurch uns ein paar Kilometer vom innerdeutschen Radweg fehlen. Nach ca. 15 km erreichen wir das ehemalige Dreiländereck und somit die Tschechei. In seiner heutigen Form entstand sie am 1. Januar 1993 infolge der Teilung von der Slowakischen Republik. Das Gebiet umfasst die ehemaligen „Böhmischen Kronländer“ Böhmen, Mähren und Mährisch- Schlesien. Böhmen war im 9. Jahrhundert unter mehreren slawischen Stämmen aufgeteilt. Karl der Große versuchte mehrfach das Gebiet zu erobern, allerdings mit geringem Erfolg. Der geeinte Staat entstand unter der ab dem 9. Jahrhundert regierenden Premysliden- Dynastie, einem böhmischen Herschergeschlechts. Nach ca. 400 Jahren Herrschaft wurde 1355 Karl IV., König von Böhmen, in Rom zum König des Heiligen Römischen Reiches und Prag wurde zu seiner Residenzstadt. Zwischenzeitlich lag die böhmische Krone in der Hand der polnischen Dynastie der Jagiellonen. Die böhmischen Stände wählten den Habsburger Ferdinand I. zum König von Böhmen, wodurch das Land anschließend zum Habsburger Gebiet gehörte. Autonomiebewegungen und Konfessionsstreitigkeiten provozierten den 30 jährigen Krieg von 1618 – 1648. Im „Westfälischen Frieden“ wurde vereinbart, dass der Glaube des Herrschers auch der Glaube seiner Untertanen sei. Durch dieses „cuius regio eius religio“ wurde der protestantische Glauben in dieser Region unterdrückt. Nach dem Ersten Weltkrieg entstand die Erste Tschechoslowakische Republik. Schon 20 Jahre später wurde das Sudetenland in das Deutschen Reich eingegliedert. Die südliche Slowakei und Kapartoukraine fielen an Ungarn, das Teschener Gebiet wurde von Polen besetzt. Im März 1939 besetzten deutsche Truppen dann „Resttschechien“. Sowjetische, amerikanische und tschechische Truppen befreiten das Land 1945. Die Karpatoukraine fiel an die Sowjetunion, ansonsten wurde die Tschechoslakische Republik in den Grenzen von1918 wieder hergestellt. Aufgrund der Dekrete von Staatspräsident Benes wurden Millionen Sudetendeutsche enteignet und ausgesiedelt. Allein an der Grenze zu Bayern und Österreich wurden über 400 Dörfer eingeebnet. Unter Einfluß der Sowjetunion gehörte die CSSR zum Warschauer Vertrag und dem „Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe“. Der „Prager Frühling“ 1968 unter der Führung von Alexander Dubcek war der Versuch einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu schaffen. Der Aufstand wurde militärisch niedergeschlagen, die Regierung ersetzt. Der Widerstand war aber nur kurz gebrochen. Unter Vaclav Havel stellte sich die „Charta 77“ der Regierung entgegen. Doch auch hier musste man bis zum November 1989 warten, dass die Regierung unter dem Druck der „Samtenen Revolution“ zurücktrat. Am 28. Dezember wurde Alexander Dubcek Parlamentspräsident, einen Tag später Vaclav Havel Präsident der CSSR. Verhandlungen zwischen dem tschechischen Vaclav Klaus und dem slowakischen Vladimir Meciar führten zur Teilung des Landes am 1. Januar 1993. Die unabhängigen Staaten heißen ab sofort Tschechien und Slowakei. Ersterer wurde 1999 Mitglied der NATO und im Mai 2004 Mitglied der EU. Unser Ziel soll Cham sein, von hier aus noch 40 Km. Aber wir merken schnell, dass uns der gestrige Fußballnachmittag noch in den Knochen steckt. Dazu kommen auf diesem kurzen Weg fast 700 Meter bergauf ! Die Ausschilderung ist hervorragend, abgesehen davon, dass der Weg nach Cham immer länger wird. Gegen 17:30 Uhr erreichen wir As. Wir Sind beide der Meinung, heute geht nichts mehr. Im Hotel „Goethe“ soll unser Bett stehen. Da das Restaurant schon im Wochenende war, mussten wir uns im Ort versorgen. In einem tscheschischen Ort servierte uns ein Vietnamese im Kebaphaus eine Pizza ! Also internationaler gehts wohl nicht! Unser Feierabendbier gibts im Wirtshaus nebenan. Wir haben es vorm einchecken schon getestet. Endlich haben wir auch Zeit, die beiden Reiseführer zu vergleichen. Bei Dirk haben sie einfach mal zwei Etappen komplett vergessen. Nach dieser Erkenntniss trinken wir noch einen Becherovka und gehen ins Bett.

2. Tag As – Bärnau 90 Km

Das Frühstück war super, gut gestärkt radeln wir 8:30 Uhr los. Erstmal durch den Ort, dann über den Radweg, bis wir nach über einer halben Stunde wieder am Hotel „Goethe“ vorbeifahren. Auf unterschiedlichen Belägen geht es bergauf und nur manchmal wieder ab. In Liba schaffen wir eine 18 % Steigung ohne absteigen! Gegen 11:30 Uhr sind wir nach 35 km in Cheb. Der deutschen Namen Eger führt auf den gleichnamigen Fluß zurück.Die Stadt wurde zu Füßen einer Burg gegründet, welche 1120 zur Verwaltung der Bayrischen Nordmark erbaut wurde. Auf dem Marktplatz steht ein Brunnen mit einem Herkules und einer mit einem Roland. Das barocke Rathaus blieb unvollendet. Dahinter steht das nach einem deutschen Komponisten des Barock benannte Pachelbelhaus. In diesem Haus wurde Fürst Waldstein- von Schiller Wallenstein genannt- 1634 ermordet, weil er zu mächtig wurde. Von hier aus fahren wir Richtung Grenze zum Mahnmal für die Opfer der Eisernen Vorhangs. Es wurde 2006 unter Teilnahme des ersten Tschechischen Außenministers nach der Wende, Jiri Dienstbier, eingeweiht. Am Mahnmahl stehen 86 Namen von Menschen, die an der tscheschischen Grenze ums Leben kamen. Nach heutigen Erkenntnissen wurden 145 Menschen erschossen, 96 kamen durch Stromschläge am Grenzaun ums Leben, und 41 ertranken beim Versuch, die Donau zu durchschwimmen. Über 50 weitere Leichen wurden aus Grenzflüssen geborgen, konnten aber keinem Aktenvorgang zugeordnet werden.

Nach ca. 5 km stellen wir fest, wieder mal verfahren. Ein bisschen Leute befragen, ein bisschen technische Hilfe, und weiter gehts. Allerdinds endet unsere Weg dann irgendwo im Wald. Da das Denkmal noch vor uns liegt, machen wir direkte Grenzerfahrung zu Fuß. An einem Bach werden wir nochmal herausgefordert. Aber solche Probleme haben wir schon mehrfach gemeistert, es war ja nicht die Donau. Wir finden auch wieder unseren Radweg, leider liegt das Denkmal mittlerweile hinter uns. Gut ausgeschildert geht es weiter hoch und runter. In Neualbenreuth wirbt der „Landgasthof Wiesental“ um uns. Wir geben seinem Verlangen nach und lassen uns bewirten. Kesselfleisch mit Sauerkraut war um diese Zeit das einzige Angebot, mit Bier wars zu ertragen. in Altmugl könne wir noch den Stamm der Riesenbuche bestaunen. Die Krone mußte 1999 gekappt werden. Gegen 19 Uhr erreichen wir Bärnau. Wir können zwischen der „Post“ und dem „Landgasthof Schicker“ wählen und entscheiden uns für letzteren. Es gab Schnitzel mit Bratkartoffeln. Da das Bier eh aus Flaschen kam, nehmen wir noch einen Absacker mit auf`s Zimmer und schreiben Tagebuch.

3.Tag Bärnau – Waldmünchen 96 km

Für die 80 Euro gab es noch ein passables Frühstück. Vor 8 Uhr starten wir, radeln am Knopfmuseum vorbei und über den Marktplatz. Das einzig konstante ist das ständige Bergauf und ab. Der Straßenbelag wechselt von perfekt bis geht eigentlich gar nicht. Zwischendurch bewältigten wir ein Stück Weg, bei dem selbst ein Mountainbiker ohne Gepäck seine Probleme bekommen hätte. Aber die super Ausschilderung zeigte uns diesen Weg. Bei Waldheim fuhren wir wieder auf die tschechische Seite. Einen kurzen Disput über ein Mittagessen um 11:30 Uhr gewann Dirk. Zu unserer Freude gab es hier ein kleines Museum über unseren Radweg, zu unserer Enttäuschung hatte es heute Ruhetag, also Lendenbraten mit Knödeln. Wir lassen uns Zeit und sind gegen 13 Uhr wieder unterwegs. Der Weg führt uns weiter an vielen „geschleiften“ Dörfern. Hinweisschilder und „Ortsschilder“ erinnern daran. Auf einer Abfahrt passierte dann das Unglück. Der Belag wurde schlechter, die Bremsen blockierten und „bauts“. Matze lag auf der einen Seite vom Weg, das Rad auf der anderen. Erstmal war der Schreck riesengroß. Matze gab aber schnell Entwarnung, kein Kollateralschaden ! Ein paar Kratzer an der Hand , aber das Knie sah nicht gut aus und tat auch weh. Dem Rad ging es wesentlich besser. Es dauerte eine Weile, dann ging es vorsichtig weiter. Im nächsten Ort dann erstmal ein Antischreckbier. In Nemanice wollten wir Quartier beziehen. Die einzige Pension hat sich zu einer stundenweisen Vermietung verändert. Wäre wohl sehr teuer geworden, und an Ruhe war auch nicht zu denken. Kurz vor der Grenze doch noch mal Hoffnung, aber wir bekommen nur etwas zu Essen und den Hinweis, dasss es bis Waldmünchen nur noch 5 km sind. Wir buchen über Booking.com das Hotel „Waldmünchner Stub`n“. Gegen 20 Uhr schlagen wir dort auf, der Wirt sofort die Hände überm Kopf zusammen. Das wird wohl nichts mehr, war seine Meinung. Wir entern das Zimmer, Matze kühlt sein Knie von aussen, den Hals von innen und Dirk erkundet das Dorf. Eine ruhige Nacht soll es nicht werden.

Dirk wird zeitig wach und erkundet das Dorf nochmal bei Tageslicht. Eine Vorahnung sagt, schau nach Verkehrsmitteln. Der Hinweis auf einen Bahnhof treibt ihn in die Bäckerei. Ja, wir haben einen Bahnhof mit Zügen, aber wo sie hinfahren, weiß das junge Fräulein nicht. Der einzige Zug fährt Cham, von dort in die ganze Welt. Wir frühstücken erstmal, bringen Matze dann zum Doc. Dieser wirft den Turbo an, in nicht mal einer halben Stunde ist er fertig, incl. röntgen. Kaputt ist nichts, aber Ruhe soll er haben. In der Zwischenzeit macht Dirk die Räder fertig. Am Bahnhof angekommen erfahren wir, Schienenersatzverkehr mit Bussen. Diese dürfen keine Räder mitnehmen, also Taxi bis Cham. Am Bahnhof treffen wir eine sehr nette berliner Schaffnerin. Ihr Tipp, mit dem Zug nach Prag, von da nach Berlin und immer schön im Zug bezahlen. Bis Prag funktioniert es hervorragend, danach weinger. Die Schaffnerin Richtung Berlin erklährte, das alle Radstellplätze ausgebucht sind, wir erklährten, dass wir dann notfalls aussteigen werden. Es war natürlich nicht unser Plan, und er ging auf ! Das Knie ist mitlerweile wieder heile, Fortsetzung dann im nächsten Jahr.